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Erste direkte Beobachtung, wie Zellen auf ein Magnetfeld reagieren

Wissenschaftler in Japan haben zum ersten Mal beobachtet, wie lebende Zellen auf Magnetfelder reagieren. Ihre Forschung könnte sich als entscheidend erweisen, um zu verstehen, wie Tiere, von Vögeln bis hin zu Schmetterlingen, mithilfe des Erdmagnetfeldes navigieren. Möglicherweise lassen sich auch Erkenntnisse darüber gewinnen, ob schwache elektromagnetische Felder unsere Gesundheit beeinflussen können.

Viele Tierarten haben die Fähigkeit zur Magnetorezeption, also zur Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes. Sie nutzen sie, um auf dem Planeten zu navigieren, insbesondere bei Fernwanderungen. Die Mechanismen, die hinter dem magnetischen "sechsten Sinn" stehen, sind jedoch nur unzureichend verstanden. Einen Schritt zum besseren Verständnis der Magnetrezeption haben japanische Wissenschaftler der Universität Tokio gemacht. In ihrem Labor haben sie beobachtet, wie lebende, nicht gentechnisch veränderte Zellen auf Magnetfelder reagieren. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. Die Arbeit der Forscher kann uns helfen zu verstehen, wie Tiere Magnetfelder zur Navigation nutzen und ob solche Felder die menschliche Gesundheit beeinflussen können.

Bild Quelle: www.u-tokyo.ac.jp/content/400152121.jpg


Magnetorezeption in lebenden Zellen

Wissenschaftler haben schon lange vermutet, dass das Magnetfeld der Erde das Verhalten von Tieren beeinflussen könnte. Angeregt wurden sie durch die einfache Beobachtung, dass ein Magnet Elektronen anziehen oder abstoßen kann. Dies wiederum lässt den Schluss zu, dass Magnetfelder chemische Reaktionen in Zellen beeinflussen können.

Wenn bestimmte Moleküle mit Licht angeregt werden, kann ein Elektron von einem zum anderen springen und zwei Moleküle mit einzelnen Elektronen bilden, ein sogenanntes Radikalpaar. Die einzelnen Elektronen können in einem von zwei Zuständen existieren, die sich im Spin unterscheiden. Wenn die Radikale den gleichen Spin haben, sind ihre nachfolgenden chemischen Reaktionen langsam, während Paare von Radikalen mit entgegengesetzten Spins schneller reagieren können. Magnetfelder können den Spin von Elektronen beeinflussen und damit chemische Reaktionen mit Radikalpaaren direkt beeinflussen.

In den letzten Jahren haben Wissenschaftler mehrere Proteine identifiziert, die Kryptochrome genannt werden. Dies sind für blaues Licht empfindliche Photorezeptoren, die sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren vorkommen. Sie sind auch empfindlich gegenüber Magnetfeldern.



In früheren Experimenten beobachteten Wissenschaftler, dass die genetische Manipulation von Cryptochromen in Fruchtfliegen und Schaben ihnen den magnetischen "sechsten Sinn" nehmen konnte. Andere Studien haben gezeigt, dass die geomagnetische Navigation bei Vögeln und anderen Tieren durch Licht induziert wird, das für die Bildung der bereits erwähnten Radikale notwendig ist. Aber noch niemand hat die chemischen Reaktionen innerhalb einer lebenden Zelle gemessen, die sich direkt aufgrund eines Magnetfeldes verändern.

Autofluoreszenz von Zellen

Woodward und seine Kollegen arbeiteten mit HeLa-Zellen, einer von Gebärmutterhalskrebszellen abgeleiteten Zelllinie, die üblicherweise in Forschungslabors verwendet wird. Die Wissenschaftler interessierten sich vor allem für die in ihnen vorhandenen Cryptochrom-Untereinheiten, genannt Flavin, die bei Einwirkung von blauem Licht natürlich fluoreszieren.
Flavine werden normalerweise von Zellen zur Erkennung von Licht verwendet, aber sie boten den Wissenschaftlern auch eine fantastische Möglichkeit, die Magnetorezeption zu untersuchen. Das liegt daran, dass verschiedene Bedingungen die Lichtmenge, die sie aussenden, beeinflussen können, darunter auch Magnetfelder. Fällt Licht auf ein Flavin, emittiert das Flavin sein eigenes Licht oder produziert Radikalpaare. Die Fluoreszenz hängt davon ab, wie schnell die Radikalpaare reagieren.

Das Team von der Universität Tokio hoffte, die biologische Magnetorezeption zu beobachten, indem es die Autofluoreszenz von Zellen beobachtete, wenn ein künstliches Magnetfeld zu ihrer Umgebung hinzugefügt wurde.

Autofluoreszenz, so die Studienautoren, kommt in Zellen häufig vor. Um die Flavin-Autofluoreszenz zu isolieren, verwendeten die Forscher Laser, um Zellen mit Licht einer bestimmten Wellenlänge zu beleuchten, und maßen dann die Wellenlängen des von den Zellen emittierten Lichts, um sicherzustellen, dass es mit den charakteristischen Werten der Flavin-Autofluoreszenz übereinstimmt.

Experimente

Die Zellen wurden für ca. 40 Sekunden mit blauem Licht bestrahlt. Die Forscher bestrehlten die Zellen alle vier Sekunden mit einem Magnetfeld und maßen die Veränderungen der Fluoreszenzintensität. Die Analyse der visuellen Daten aus den Experimenten zeigte, dass die Fluoreszenz der Zellen jedes Mal, wenn das Magnetfeld die Zellen passierte, um etwa 3,5 Prozent abnahm.